Bruttonationalglück

Gross National Happiness – GNH

 Das Konzept geht auf den vierten König Bhutans, Jigme Singye Wangchuck, zurück. Der Begriff „Bruttonationalglück“ wurde vor mehr als 50 Jahren als Antwort auf die Frage eines Journalisten nach dem Bruttosozialprodukt Bhutans geprägt.  Die Antwort des Königs ist inzwischen sprichwörtlich geworden:

„Das Bruttonationalglück ist wichtiger als das Bruttonationalprodukt.“

In den folgenden Jahren begann Bhutan ein Konzept des Bruttonationalglücks zu entwickeln, das ein harmonisches Gleichgewicht zwischen soziokulturellem, politisch-ökonomischem und spirituell-ökologischem Wohlergehen in den Mittelpunkt der nationalen Entwicklung stellt.  2008 wurde GNH schließlich als Staatsziel in der Verfassung von Bhutan verankert und so auch zur Grundlage und zum Bezugsrahmen für Bhutans Fünfjahres-Entwicklungspläne.

Ein Paradigma der ganzheitlichen Entwicklung auf 4 Säulen
Mandala, das die vier GNH Dimensionen beschreibt

1.Nachhaltige und gerechte sozio-ökonomische Entwicklung
2. Schutz einer intakten, natürlichen Umwelt
3. Bewahrung der kulturellen Identität
4. Gute Regierungsführung

Die wichtigsten Glücksfaktoren oder -bedingungen für den bhutanischen Kontext werden in neun Bereichen spezifiziert

Abbildung der 9 GNH Domänen

 

1. Lebensstandard
2. Psychologisches Wohlergehen
3. Gesundheit
4. Zeitverwendung
5. Bildung
6. Kulturelle Vielfalt und Resilienz
7. Gute Regierungsführung
8. Gesellschaftliche Vitalität
9. Ökologische Vielfalt und Resilienz

 

Anhand von 33 Schlüsselindikatoren, die unter den 9 Bereichen zusammengefasst sind, wird der Grad des Glücks und des Wohlbefindens regelmäßig gemessen und durch einen GNH-Index quantifiziert.

Ein Maß für Glück und Wohlbefinden

Der GNH-Index ist ein multidimensionales Maß, das auf Daten aus regelmäßigen repräsentativen Umfragen beruht. Die bisher dritte landesweite GNH-Umfrage wurde 2022 durchgeführt.  Es wurden Antworten von 11.052 Befragten, die über 15 Jahre alt sind,  ausgewertet. Dabei bezeichneten sich 48,1 Prozent der bhutanischen Bevölkerung als zutiefst oder weitgehend glücklich.
(Gross National Happiness Survey 2022)

Das GNH- Konzept war bisher auch mit Instrumenten zur Überprüfung von Politiken und Programmen verknüpft und soll so eine praktische  Anwendungen finden. (GNH Screening Tool).  Die Ergebnisse der GNH-Erhebungen beeinflussen auch die Entwicklung und Umsetzung der Fünfjahrespläne. (z.B.: 12. Fünfjahresplan 2018 – 2023)

Nichtsdestotrotz ist Bhutan nach wie vor mit dringenden Entwicklungsherausforderungen konfrontiert, wobei die Auswirkungen der vergangenen Covid-19-Pandemie die Situation noch verschärfen.  Daher gibt es auch kritische Stimmen, die einwenden, dass sich der Staat vielmehr auf die Voraussetzungen für das Wohlergehen der Bevölkerung kümmern solle,  als Glück für sie zu definieren. Schließlich hänge die individuelle Lebenszufriedenheit von den konkreten Lebenslagen, Interessen und oft auch vom Vergleichsmaßstab ab. 

2030 will das Land zu einem Land mit hohem Einkommen aufsteigen. Seine Grundlage soll eine auf digitale Technologien setzende Wirtschaft sein. Es bleibt zu sehen, ob das Bruttonationalglück seine prominente Rolle auch in dem tiefgreifenden Reform- und Transitionsprozess, der mit diesen Zielen verbunden ist behaupten kann.

Internationale Anerkennung

Das Konzept des Bruttonationalglücks hat nicht nur die Entwicklung Bhutans geprägt, sondern auch breite internationale Anerkennung gefunden.

Im Juli 2011 forderte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) in ihrer Resolution 65/309 die teilnehmenden Länder auf, das Glück ihrer Bevölkerung zu bewerten und diese Daten zur besseren Steuerung ihrer Politik zu nutzen. Am 2. April 2012 folgte auf höchster Ebene der Vereinten Nationen die Präsentation „Wellbeing and Happiness: Defining a New Economic Paradigm“, bei der der erste World Happiness Report 2012 vorgestellt wurde. Den Vorsitz führten UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und der damalige Premierminister von Bhutan, Jigme Thinley. Daraufhin beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Juni 2012 die Einführung eines jährlichen Weltglückstags (UN-Resolution 66/281).

Seitdem hat dieses Paradigma für eine alternative sozioökonomische Entwicklung weitere umfangreiche Forschungen und zahlreiche praktische Initiativen angestoßen. World Happiness Reports, Better Life Initiative der OECD