Bericht über die menschliche Entwicklung 2021/22 – Bhutan

Vor mehr als 30 Jahren wurde der Human Development Index (HDI) und der diesbezügliche jährliche Bericht zur globalen menschlichen Entwicklung erstmals vorgestellt. Der Human Development Index ist ein statistisch zusammengesetzter Index der Indikatoren für Lebenserwartung, Bildung und Pro-Kopf-Einkommen, anhand dessen die teilnehmenden Länder in vier Stufen der menschlichen Entwicklung eingeteilt werden können. Im Bericht für das Jahr 2021/22 zählt Bhutan mit einem Wert von 0,666 für 2021 zu den Ländern in der Kategorie der mittleren menschlichen Entwicklung und nimmt die Position 127 von 191 Ländern ein .

Bhutans Fortschritte in der menschlichen Entwicklung

Zwischen 2010 und 2021 stieg der Wert des HDI von Bhutan von 0,581 auf 0,666, das ist eine Anstieg um 14.6 Prozent.

Die Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt stieg  im gleichen Zeitraum um 3,4 Jahre und die durchschnittliche Dauer des Schulbesuchs um 2,9 Jahre.  Zwischen 2010 und 2021 verzeichnete auch das Bruttonationaleinkommen pro Person eine Steigerung von 22,3 Prozent.   (Quelle: Human Development Report 2022).

Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung Bhutans

Seit 2010 berechnet der Human Development Report mit dem sogenannten IHDI (inequality-adjusted HDI) auch den Verlust, den Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung eines Landes hinsichtlich Gesundheit, Bildung und Einkommen am Entwicklungsfortschritt bewirkt. Denn je mehr die Ungleichheit zunimmt,  desto stärker verliert die gesamtheitlich betrachtete menschliche Entwicklung eines Landes. Dieser „Verlust“ der menschlichen Entwicklung ergibt sich aus der Differenz zwischen HDI und IHDI und kann als Prozentsatz ausgedrückt werden. Im Jahr 2021 beträgt der IHDI in Bhutan 0,471, das ist ein Entwicklungsverlust von 29,3 Prozent gegenüber dem HDI im selben Jahr.

Mehrdimensionaler Armutsindex

Ein weiterer Index des HD-Berichts, der MPI (Multidimensional Poverty Index), identifiziert mehrere überlappende Benachteiligungen von Personen in drei Dimensionen: Gesundheit, Bildung und Lebensstandard. Die letzten offiziellen Umfragedaten, die für die MPI-Schätzung in Bhutan für den Bericht verfügbar waren beziehen sich allerdings auf das Jahr 2010. Zu diesem Zeitpunkt waren 37,3 Prozent der Bevölkerung in Bhutan (282.000 Menschen) mehrdimensional arm, während weitere 17,7 Prozent als anfällig für mehrdimensionale Armut eingestuft wurden (133.000 Menschen). 

Bhutans  Mehrdimensionalen Armutsindex 2022

Mittlerweile wurde 2022 von Bhutan eine eigene Studie zum mehrdimensionalen Armutsindex durchgeführt. Der „Moderate Multidimensional Poverty Index“ (MMPI) von Bhutan basiert auf den Daten der Bhutan Living Standard Survey (BLSS) 2022, die vom Nationalen Statistikbüro Bhutans durchgeführt wurde.  Für den moderaten mehrdimensionalen Armutsindex wurde der gestiegene Lebensstandard der Bevölkerung einberechnet,  im Unterschied zum ursprünglichen MPI, der ein extremeres Niveau der Armut misst, das  als „akute“ mehrdimensionale Armut  bezeichnet wird.

Für das Jahr 2022 wird die moderate mehrdimensionale Armutsquote auf 17,8 % der Bevölkerung geschätzt. Die städtische mehrdimensionale Armutsquote liegt bei 8,2 %, während die ländliche Armut bei 23,9 % liegt. 61,4 % der armen Bhutaner*innen  leben in ländlichen Gebieten.

Den größten Anteil an der nationalen Armut haben Benachteiligungen beim Zugang zu Gesundheit (18,0 %), gefolgt von Wasser und Schulbesuch (15,7 %) und der Anzahl der Schuljahre von Frauen (15,3 %).

Der Bericht zeigt, dass der MMPI die Messung der monetären Armut ergänzt. 12,4 % der Bhutaner*innen sind nach dem BLSS-Datensatz 2022 monetär arm, und 17,8 % sind nach dem moderaten MPI arm. Die beiden Gruppen überlappen sich nur teilweise. Tatsächlich waren in der BLSS 2022 nur 4,7 % der Bhutaner*innen sowohl monetär als auch multidimensional arm.

Gleichstellung der Geschlechter

Ein weiterer nennenswerter Aspekt des Berichts zur menschlichen Entwicklung betrifft die Gleichstellung der Geschlechter. Der Gender Development Index (GDI) misst im Wesentlichen die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Errungenschaften der menschlichen Entwicklung. Unterschiede zwischen Frauen und Männern werden somit bei der statistischen Erfassung berücksichtigt. Der weibliche HDI-Wert für 2021 beträgt in Bhutan 0,641 (im Gegensatz zu 0,684 für Männer). Dies führt zu einem GDI-Wert von 0,937. 

Zusätzlich zum GDI spiegelt der GII (Gender Inequality Index) geschlechtsspezifische Ungleichheiten in drei Dimensionen wider: reproduktive Gesundheit, Empowerment (Ermächtigung) und wirtschaftliche Aktivität. Im HDI-Bericht 2021/22 hat Bhutan einen GII-Wert von 0,421, wodurch das Land auf Platz 98 von insgesamt 191 Ländern fällt.

Der Bericht über die menschliche Entwicklung 2021/22 erwähnt mehrere Schlüsselaspekte im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Geschlechter in Bhutan:

  • 16,7 Prozent der Parlamentssitze werden von Frauen besetzt
  • 23,6 Prozent der erwachsenen Frauen haben mindestens einen Sekundarschulabschluss erreicht (verglichen mit 32,3 Prozent der Männer)
  • Bei 100.000 Lebendgeburten sterben durchschnittlich 183,0 Frauen an schwangerschaftsbedingten Ursachen und die Geburtenrate bei Jugendlichen beträgt 19 Geburten pro 1.000 Frauen im Alter von 15 bis 19 Jahren
  • Die Beteiligung am Arbeitsmarkt von Frauen beträgt 51,6 Prozent gegenüber 67,4 Prozent bei Männern

Angesichts dieser Informationen sowie des GDI und des GII Bhutans kann festgehalten werden, dass trotz wichtiger Schritte zur Gleichstellung der Geschlechter weitere Maßnahmen erforderlich sind, um eine gleichmäßigere Verteilung der menschlichen Entwicklung auf beide Geschlechter zu erreichen.

Den vollständigen HDI-Bericht 2021-22 finden Sie unter:

| Human Development Report 2012-22